Alexander Kahnt
Projekte

06 Diplom – Mediation in der Architektur

Erläuterungsbericht


Mediation in der Architektur

Diplom WS 07 / 08
Alexander Kahnt

Betreuer:
Prof. Löffler
Prof. Hülsmeier




Zusammenfassung der Entwurfsidee
Ausgangspunkt des Entwurfs ist die problematische Situierung der JSA Weimar im Stadtgefüge. Der Entwurf soll als Mediator zwischen Anwohnern und Inhaftierten wirken. Gleichzeitig verbessert er das städtebauliche Konzept und wertet das Quartier in der Nordvorstadt durch vielfältige Nutzungen wie Fitnessstudio, Theater und Sportanlagen auf.
Der Entwurf symbolisiert ein langes Band und versteht sich als ein Ort des Zusammentreffens. Die neu entstandenen Gebäude greifen Kriterien der Wohnzufriedenheit und Haftzufriedenheit auf und verbessern sie. So wirkt die von der Fassadenbegrünung ausgehende mikroklimatische Wirkung positiv auf alle Anwohner. Die zahlreichen und großzügigen Eingangsbereiche laden alle ein vor allem das Gelände der Sportflächen gemeinsam zu nutzen. Durch bereitgestellte Informationsmöglichkeiten soll es ein Ort des Austausches werden und die vorherrschenden Vorurteile beseitigen. Die regionale Formsprache des Entwurfs wirkt als neutraler Vermittler zwischen den Parteien und schafft einen Ort der Mediation.

Analyse
Eine umfassende Analyse hat vielfältige Nutzungsmöglichkeiten am Wettbewerbsgrundstück eröffnet. Der Standort Weimar zeichnet sich durch viele Indikatoren aus: Die zentrale Lage innerhalb Deutschlands, die Bekanntheit als Kulturstadt, die Nähe zu den Impulsregionen Jena und Erfurt und die Bauhausuniversität Weimar.
Der Standort des Wettbewerbsgrundstücks wird charakterisiert durch die Nähe zur Innenstadt, die Nähe zu den kulturellen Angeboten der Stadt Weimar, die sehr gute Verkehrsanbindung des Hauptbahnhofes Weimar, den sehr guten Sanierungsstand der benachbarten Gebäude, die junge Bevölkerung der Nordvorstadt, die ansässige JSA, das Amtsgericht und nicht zuletzt die steigenden Einwohnerzahlen Weimars.

Durch die zentrale Lage des Wettbewerbsgrundstücks in Weimar ergeben sich zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten.
Die Lage des Wettbewerbsgrundstücks inmitten der Weimarer Schullandschaft ermöglicht nicht nur den Vereinen das Gelände zu nutzen. Vielmehr ist es geeignet, um Schulsport und außerschulische Veranstaltungen auf diesem Gelände durchzuführen.
Die Identifikation der Einwohner mit der Stadt Weimar ist groß, jedoch nicht mit dem Stadtteil Nordvorstadt. Seit der Schließung des Volkhauses existiert in der Nordvorstadt kein Bürgerzentrum in dieser Größe mehr. Durch die zentrale Lage des Wettbewerbsgrundstücks innerhalb der Nordvorstadt bietet sich das Grundstück als Versammlungsort für die Bürger der Nordvorstadt an.
Räumlichkeiten für kommunale Sporteinrichtungen sind nur unzureichend in Weimar vorhanden und bedürfen einer Erweiterung. So fehlen laut Sportentwicklungsplan vom Mai 2004 Tennisfelder, Kleinfeldsportplätze, Großfeldsportplätze und Wettkampfsporthallen.
Anhand des Spielentwicklungsplanes vom Mai 2004 ist erkennbar, dass in Weimar Spielplätze für alle Altersstufen fehlen.
Das in der Nachbarschaft zum Wettbewerbsgrundstück gelegene Fitnessstudio sucht neue Räumlichkeiten für eine Erweiterung des Fitnessbetriebs.
Das Jugendtheater "Stellwerk" muss aus dem nahe gelegenen Bahnhofsgebäude ausziehen. Das Wettbewerbsgrundstück bietet sich an, um neue Räumlichkeiten für den Theaterbetrieb zur Verfügung zu stellen.
Die Bauhausuniversität mit dem Fachbereich Medientechnik erzeugt einen Standortvorteil für junge Unternehmen im Bereich der neuen Medien sowie für Traditionsunternehmen aus dem Bereich der Drucktechnik. Laut dem Thüringer Mediensymposium im September 2004 ist die Medienbranche Bundesspitze mit 80 % Wachstum von 1998 bis 2002. In der Region Erfurt / Weimar wird sich in den nächsten Jahren ein Mediencluster entwickeln. Die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten auf dem Wettbewerbsgrundstück könnte die Ansiedlung neuer Unternehmen in der Nordvorstadt ermöglichen.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal für die Nordvorstadt bilden das ansässige Amtsgericht sowie das nahe gelegene Verwaltungsgericht. So sind in der Nordvorstadt mehrere Kanzleien vertreten. Ein Angebot an Arbeitsräumen ermöglicht die Niederlassung von weiteren Rechtsanwälten. Durch die unmittelbare Lage des Wettbewerbsgrundstücks zum Amtsgericht wird die Nutzung als Arbeitsräume für Juristen noch begünstigt.
Die JSA Weimar benötigt zur Ausbildung und Unterstützung der Gefangenen nicht nur Räume, besonders im Bereich Freizeit und Sport, sondern auch Seminarräume. Es fehlen Gruppen- und Seminarräume, Schulzimmer, EDV-Räume, Werkräume, Sporthallen, Mehrzweckräume, Fußballfelder, Sporträume und Freizeiträume. Das Bereitstellen dieser Räume auf dem Wettbewerbsgrundstück kann diesen Mangel beseitigen.

Auf dem Wettbewerbsgrundstück befinden sich die Harry-Graf-Kessler Grundschule sowie eine Turnhalle. Die Gebäude der Schule und der Sporthalle sind stark sanierungsbedürftig und außerdem sehr schlecht in den Städtebau eingebunden. Weiterhin sind sie von geringem architektonischen Wert und stehen nicht unter Denkmalschutz.
Durch mehrere Umbauten ist die Schule in ihrer äußeren Erscheinung vor allem auf der Süd- und Westseite stark verändert worden. Die Symmetrie wurde dadurch vollständig aufgehoben. Der hohe Sockel lässt das Gebäude gedrungen wirken. Alle Bauteile müssten einer Komplettsanierung unterzogen werden.
Laut Sportentwicklungsplan weist die Sporthalle folgende Mängel auf: Die Hauptsportfläche ist zu klein, Sanitäranlagen, Bauelemente, Böden, Dach, Unterdecke, Beleuchtung und Heizung müssten saniert werden. Weiterhin sind die Betonfertigteile der Fassade gerissen. Die Sporthalle wurde als Funktionsbau errichtet und als solcher wirkt er im Stadtraum ohne jegliche Einbindung.
Einige dieser Mängel können durch eine Sanierung nicht behoben werden. Daher ist eine Neuüberplanung des Geländes eine gute Lösung. Eine nachhaltige Planung kommt dem Stadtteil zugute und verbessert das Wohnumfeld. Zusätzlich bietet diese Variante die Möglichkeit, das Quartier in seinem Gesamtzusammenhang neu zu begreifen und zu überplanen.

Entwurf
Der Entwurfsansatz geht von der problematischen Situierung der JSA Weimar im Stadtgefüge aus. Zwischen der JSA Weimar und dem angrenzenden Wohngebiet sind dadurch negative Wechselbeziehungen entstanden, die dem Wettbewerbsgrundstück einen negativen Tenor verleihen. Widergespiegelt wird dies in den Stimmungen Angst, Unsicherheit und Beklemmung, die vor Ort deutlich zu spüren sind. Das Gebiet ist erfüllt von Vorurteilen, Intoleranz, Gewaltbereitschaft und Kriminalität sind Begriffe, die diese Wechselbeziehungen bestimmen.
Das Wettbewerbsgrundstück bietet die einmalige Möglichkeit, die Situation zwischen der JSA Weimar und dem anliegenden Wohngebiet zu entkrampfen und durch eine Umweltmediationszone Entspannung in das Gebiet zu bringen. Inhaftierte und Anwohner sollen die Möglichkeit der Begegnung bekommen. Beide Parteien sollen von einer verbesserten Wohnumgebung profitieren können.
Angelegt an die Charakteristik eines Mediators sollte das Gebäude des Wettbewerbsgrundstücks neutral, unabhängig, integrativ, flexibel, innovativ, standhaft und kommunikativ sein. Die Bebauung versteht sich damit als Mediator zwischen den Anwohnern und den Inhaftierten. Auf dem Wettbewerbsgrundstück sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für alle Beteiligten Räume zur Verfügung stellen. Festgefahrene Situationen sollen aufgelöst werden. Der Gedanke des "Niemandslandes" soll widerlegt und mit sinnvollen Nutzungen ausgefüllt werden. Informationsdefizite, die die vorherrschende Stimmung zusätzlich negativ beeinflussen, sollen ausgeglichen werden mit Hilfe von bereitgestellten Informationsmöglichkeiten (z. B. durch Ausstellungen oder Informationstafeln) und nicht zuletzt soll das neue Gebäude ein Interessenverwalter aller Parteien sein. Die Bedingungen zur Wohn- und Haftzufriedenheit werden aufgegriffen und verbessert. Der Entwurf versteht sich als Mediator zwischen zwei Polen – der Wohnbebauung und dem Amtsgericht mit der JSA Weimar. Dementsprechend verhält sich der Entwurf neutral und bildet ein neues Quartier aus, welches allseitig von Straßen umschlossen ist. Ein neuer Stadtbaustein wird zwischen der JSA Weimar und dem Wohnungsbau eingefügt. Der vorliegende Entwurf zeigt eine neue Bauweise und will damit ein klares Zeichen im Stadtteil Nordvorstadt setzen, verzichtet dabei allerdings nicht auf die regionale Formsprache.

Der Entwurf symbolisiert ein langes Band und bezieht alle Beteiligten mit ein. Er versteht sich als Ort des Zusammentreffens. Um das Wettbewerbsgrundstück aufzuwerten, zeichnet sich der Entwurf durch eine intensive Nutzung aus.
So schafft das Gebäude auf der Ostseite des Grundstücks neue Räume für das Jugendtheater "Stellwerk" und bietet somit alle Räume, die derzeit am Spielort des Bahnhofsgebäudes vorhanden sind. Zusätzlich gehört eine Bühne in der angrenzenden Mehrzweckhalle zum Theater, die auch von den Inhaftierten benutzt werden kann. Dadurch können jetzt auch größere Aufführungen direkt im Haus stattfinden. Der kleine Veranstaltungsraum bietet Platz für 88 Personen und kann ebenso als Probebühne benutzt werden. Zusätzlich findet man dort eine Bar, die von Jugendlichen betrieben wird. Im darunterliegenden Geschoss befinden sich der Aufenthaltsraum, die Garderobe und die Werkstatt.

Das Gebäude auf der Westseite bietet Platz für das Fitnessstudio und ist günstig an der Hauptverkehrsstraße Ernst-Thälmann gelegen, weshalb sich hier eine kommerzielle Nutzung gut realisieren lässt. Es steht eine abgeschlossene Nutzungseinheit in diesem Gebäude auf drei Geschossen zur Verfügung. In den beiden unteren Geschossen befinden sich neben Sanitär- und Umkleideräumen auch die Information, eine Saftbar, ein Ruheraum, ein Gymnastikraum und der Cardiotrainingsraum. Das obere Geschoss ist auf ganzer Fläche offen und wird ausschließlich als Krafttrainingsraum genutzt. Beide Gebäude sind durch zwei Mehrzweckhallen sowie durch zwei Sportplätze miteinander verbunden. Beide Gebäude sind gleichermaßen für Mannschaftsspiele jeglicher Art geeignet. Die Sporthallen öffnen sich zum Wohnumfeld. Die Nordfassade kann durch Schiebeelemente geöffnet werden, um Außen- und Innentribüne nahtlos zu verbinden und damit den Stadtraum nach innen zu holen. Das Objekt zeichnet sich durch seine gute Zugänglichkeit aus, wie durch die Schiebeelemente, durch die man die Mehrzweckhallen direkt betreten kann. Weiterhin befinden sich insgesamt 6 Eingänge am Objekt: drei im Norden und drei im Süden. Im Mitteilteil befinden sich neben einem Eingangsbereich auch die Umkleiden mit Straßenschuh- und Turnschuhgang sowie die Sanitär-, Geräte- und alle Nebenräume.

Der Charakter des Grundstücks als Grünfläche soll aufgrund der hohen Flächenversieglung nicht verloren gehen. Daher wird das Betonband mit einer geschlossenen Grünfläche überzogen, die auf den Sportflächen als Rasen realisiert wird. An den Gebäudekomplexen kommt ein Rankgitter zum Einsatz, an dem einblättriger, wilder Wein (Uferrebe) hochrankt. Dieser Wein ist winterhart und immergrün.
Die vom Fassadengrün ausgehende mikroklimatische Wirkung beeinflusst das Befinden der Anwohner positiv. Kühlung, Lärmminderung, Staubbindung und eine verbesserte Tierökologie sind nur einige der positiven Eigenschaften von begrünten Fassaden. Des Weiteren dient die Begrünung dem Gebäude als Sonnenschutz, verbessert die Energiebilanz und trägt zur Langlebigkeit der Fassade bei.

Die neuentstandenen Gebäude werden von Anwohnern und Inhaftierten der JSA Weimar genutzt und helfen damit der Umweltmediation. Die Nutzung des Objektes durch die Inhaftierten aus dem geschlossenen Vollzug ist laut Deutschem Strafrecht jedoch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit möglich. Für diesen Fall ist es möglich, das Gebäude für die Öffentlichkeit abzuriegeln, um eine wechselseitige Nutzung zu ermöglichen. Die öffentlichen Zugänge befinden sich im Erdgeschoss. Inhaftierte betreten die Gebäude über sich im Untergeschoss befindende Eingänge auf Sporthallenniveau. Die vorhandenen Mauern auf der Nordseite werden abgerissen. Die Zellen auf der Nordseite werden durch Häftlinge aus dem offenen Vollzug weiter genutzt. Für Gefängnisse ohne Mauern gibt es in der Schweiz und in den Niederlanden sehr gute Beispiele. Damit die Gefängnisse ohne Einschluss geführt werden können, kommen dort mehr Psychologen und Sozialarbeiter zum Einsatz. Die Rückfälligkeitsquoten geben ihnen Recht. Während in Deutschland 75 % aller Straftäter rückfällig werden, sind es in der Schweiz und den Niederlanden nur 45 %. Auch in der JSA Weimar können die Haftbedingungen verbessert werden. Der hier vorhandene stadtinterne Strafvollzug und der vorliegende Entwurf bieten durch geeignete Räume für Unterricht und Sport und die Nähe zu den Bürgern diese Möglichkeiten der Haftverbesserungen. Die fehlenden Seminar-, Werk-, Freizeit- und Sporträume für die JSA Weimar können auf dem Gelände des Landes Thüringen realisiert werden, indem neue Gebäude entstehen, die gleichzeitig auch die städtebauliche Struktur des Quartiers verbessern. Diese neuen Gebäude schließen die offenen Ecken des Justizquartiers städtebaulich ab. Dadurch entsteht ein geschlossener Gefängnishof, der eine geschlossene Nutzungseinheit mit dem Amtsgericht bildet.

Es gibt drei unterschiedliche Bauweisen. miu miu replica handbags Die offene Blockrandbebauung der Wohnquartiere, die geschlossene Blockrandbebauung des Justizquartiers und der neue Bandblock des Wettbewerbsgrundstücks. Damit wird der Städtebau dieses Quartieres der Nordvorstadt verbessert. bally replica handbags Um die Eigenständigkeit der neuen Gebäude zu stärken, wird eine Straße zwischen die JSA Weimar und dem Entwurf gelegt. Somit bildet das neue Gebäude ein eigenes Quartier aus.

Alle Gebäude haben eine 180 mm dicke Wärmedämmung. Alle technischen Anlagen sind innerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle installiert, sodass deren Abwärme zur Gebäudeheizung beiträgt. Die Sporthallen verfügen über Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Zuluft und Abluft in den Umkleiden und Duschen bilden einen Lüftungsverbund: In den Umkleiden wird ausschließlich Zuluft eingeblasen, die in die Duschräume überströmt und dort als Abluft abgesaugt wird. Im Sommerbetrieb bleibt die Lüftungsanlage für die Halle ausgeschaltet (nicht allerdings die der Duschen und Umkleiden) und die Frischluftversorgung erfolgt über eine Querlüftung durch motorisch bediente Lüftungsflügel in der Nord- und Südfassade. Die Wärmeversorgung der Sporthalle erfolgt über einen Gasbrennwertkessel. Der geringe Wärmebedarf wird ausschließlich über die erforderliche Frischluft zugeführt. Ein Umluftbetrieb ist nicht vorgesehen. Zur Kühlung im Sommer dient eine nächtliche freie Querlüftung zwischen Nord- und Südfassade über motorisch öffenbare Lüftungsflügel. Die unverkleidete Stahlbetondecke dient als Speichermasse. Auf diese Weise wird die Decke für den darauf folgenden Tag ausgekühlt. Die Gebäudeteile Ost und West verfügen über eine Niedertemperaturnutzung, die auch von dem Gasbrennwertkessel beheizt wird. Die Lüftung erfolgt über die öffenbaren Fensterflügel in der Ost und Westfassade.
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